Zurich Film Festival 2018
An der 14. Ausgabe des dynamischen Filmfestivals gibt es über 160 Filme und einige ganz grosse Stars zu sehen
Das Zurich Film Festival hat immer wieder neues zu bieten. Dieses Jahr unter anderem eine neue Sektion namens «Hashtag», die sich jeweils einem aktuellen Thema widmen soll. «Big Data» passt als Hashtag-Thema im Jahr 2018 natürlich hervorragend, die acht in diesem Rahmen präsentierten Filme zeigen, wie die Digitalisierung den Alltag und verschiedenste Industrien verändert, sei es in der Pornobranche, auf dem Arbeitsmarkt oder in gar Terrororganisationen.
Das Fokus-Land der Sektion «Neue Welt Sicht» ist dieses Jahr Italien. Dieses Land war schon immer für grossartiges Kino bekannt, aber jetzt hat eine neue und jüngere Generation von Regisseurinnen und Regisseuren einen Wandel eingeleitet. Unter anderem thematisieren sie die sozio-ökonomischen Verhältnisse in ihrem Land, das in den letzten Jahren immer wieder hartnäckige Krisen durchstehen musste.
Premieren fehlen auch dieses Jahr nicht am ZFF, wenngleich das vergleichsweise immer noch junge Festival da nicht mit den viel länger existierenden internationalen Grossanlässen in Sachen Film mithalten kann. Dafür etabliert sich das ZFF jedes Jahr noch stärker als Plattform für die Lancierung der grossen Herbsttitel im deutschsprachigen Europa. Der künstlerische und strategische Leiter des ZFF, Karl Spoerri meint dazu «An dieser Entwicklung haben wir jahrelang gearbeitet. Es freut uns sehr, dass das ZFF als Plattform über die Landesgrenzen hinaus an Bedeutung gewinnt». Es ist den Festivaldirektoren Nadja Schildknecht und Karl Spoerri zu verdanken, dass in der Schweiz Zürich nun in der Filmwelt neben Locarno eine Rolle spielt. Gerade für deutschsprachigen Film, der in den letzten Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist Zürich ein wesentlich überzeugenderer Standort als Locarno. Aber auch die grossen Stars aus dem englischsprachigen Teil der Welt kommen gerne nach Zürich, dieses Jahr insbesondere Judi Dench, die Grand Old Lady des britischen Kinos, welche den «Golden Icon Award erhält. Sie kommt mit ihrem neuen Film RED JOAN nach Zürich, einer auf Tatsachen beruhenden Spionagegeschichte. Ihr kanadischer Kollege Donald Sutherland wird mit dem «Lifetime Achievement Award» und einer elf Titel umfassenden Retrospektive geehrt. Auch Johnny Depp folgt der Einladung des ZFF und wird seinen Film RICHARD SAYS GOODBYE vorstellen.
Als Galapremieren zu sehen sind die angesagten Herbst-Titel, darunter etwa ROMA von Alfonso Cuaron, THE SISTERS BROTHERS von Jacques Audiard und THE FAVOURITE von Yorgos Lanthimos, welche am Filmfestival Venedig soeben drei Hauptpreise gewonnen haben; die am Toronto-Festival hochgelobten Titel FIRST MAN von Damien Chazelle, A STAR IS BORN von Bradley Cooper, HIGH LIFE von Claire Denis oder BEAUTIFUL BOY von Felix Van Groeningen; oder die drei Europapremieren KURSK von Thomas Vinterberg, LIFE ITSELF von Dan Fogelman und THE OLD MAN AND THE GUN von David Lowery, CAPERNAUN von Nadine Labaki, SHOPLIFTERS von Hirokazu Kore-eda und aus Deutschland kommen Florian Henckel von Donnersmark mit WERK OHNE AUTOR, Sönke Wortmann mit DER VORNAME und Marcus H. Rosenmüller für TRAUTMANN.
Besonders erfreulich, dass mit «Window: Hong Kong» ein weiteres Mal brandneue Filmperlen aus der asiatischen Filmmetropole gezeigt werden, die man sonst hierzulande kaum im Kino hätte sehen können. Überhaupt bietet das Programm des ZFF viele Filmperlen, und im Gegensatz zu manch anderen Filmfestivals scheint die Filmauswahl auch darauf Wert zu legen, dass solche off-Mainstream-Filme einen gewissen Unterhaltungswert aufweisen. Der Autor dieses Artikels spricht aus Erfahrung, trotz langer Festivaltage ist die Gefahr, im Kinosessel einzuschlafen in Zürich wesentlich geringer als beispielsweise in Locarno.
Wir freuen uns darum auf ein qualitativ hochstehendes Programm, welches ein junges und frisches Kino zeigt und thematisch auf aktuelle Schwerpunkte setzt. Karl Spoerri: «So sind Filme zur aktuellen Weltpolitik zwischen Russland und Amerika genauso auffallend häufig vertreten wie auch Werke über starke Frauen, die Emanzipation und den Umgang mit sexuellen Übergriffen nicht aus einer Opferhaltung heraus thematisieren».